Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit ist die Lehre von der organischen Verbundenheit aller Erscheinungen. Es handelt sich um eine dynamische Kausalität, nicht um eine einlinig-statische.
Alles ist Wechselwirkung. Alles steht mit allem in Verbindung, und deshalb ist alles Ursache für bestimmte Wirkungen, die wiederum zur Ursache aller Erscheinungen werden. Jedes Glied in der Kette des Entstehens enthält alle anderen und trägt deshalb alle Möglichkeit und Wirklichkeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in sich. (Michael von Brück)
In der Nacht, als Buddha Shakyamuni unter dem Bodhi-Baum erleuchtet wurde, begriff er viele Wahrheiten auf einmal. Eine der tiefsten und bedeutsamsten dieser Wahrheiten war die allgemeingültige Wahrheit des bedingten Entstehens, einer der zentralen Gedanken des Buddhismus.
„Die Erscheinungen entstehen nicht unabhängig, sie entstehen in Abhängigkeit voneinander.“ (Lankavatara Sutra)
Wenn Lebewesen, die im Kreislauf von Leben und Tod gefangen sind über die endlosen Wechselwirkungen von Ursachen und Bedingungen nachdenken, sollten sie fähig sein zu sehen, dass ihr Leben das Ergebnis eines komplizierten Zusammenspeils von Ursachen und Bedingungen ist.
„Da es dies gibt, gibt es auch das. Da dies entsteht, entsteht auch das. Wenn dies nicht ist, wird das nicht sein. Wenn dies ausgelöscht wird, wird das ausgelöscht.“ (Samyuktagama)
Es gibt keine erste Ursache und keine letzte Wirkung. Der Buddha sprach von „anfangsloser Zeit“, weil er wusste: Wie weit auch immer man beim Suchen nach Ursachen zurückgeht, man wird immer noch mehr finden. Er sprach auch von „endloser Zeit“, denn egal, wie weit voraus wir in die Zukunft schauen, es wird immer noch eine weitere Wirkung geben.
Ursache und Wirkung stehen relativ zueinander. Keines von beiden ist absolut. Ursachen erzeugen Wirkungen, aber diese Wirkungen erzeugen andere Wirkungen und dadurch werden sie zu Ursachen. Ursache und Wirkung sind verknüpfte Teile einer endlosen Ereigniskette. Aus der einen Perspektive betrachtet, ist eine Ursache eine Ursache. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, erscheint sie als Wirkung.
Ursachen und Wirkungen überdauern lange Zeiten. Vielleicht musst du zehn Millionen Jahre warten, aber eines Tages werden sich die karmischen Wirkungen deines Verhaltens zeigen.
Ursache und Wirkung sind zwei Seiten derselben Medaille. Jede Ursache beinhaltet Wirkungen, genauso wie jede Wirkung eine Ursache beinhaltet. Wenn du einen Bohnenstrauch pflanzt, wirst du keine Melonen ernten. Wenn du bewusst eine schlechte Tat begehst, wirst du keine guten Resultate erzielen. (Hsing Yun)
„Ich bin zu dem erschreckenden Schluss gekommen, dass ich das entscheidende Element bin: Es ist meine persönliche Einstellung, die das Klima schafft. Es ist meine tägliche Stimmung, die das Wetter macht. Ich besitze eine ungeheure Macht, das Leben elend oder fröhlich zu machen. Ich kann ein Werkzeug der Folter oder ein Instrument der Inspiration sein. Ich kann demütigen oder erheitern, verletzen oder heilen. In allen Situationen ist es meine Antwort (oder eben meine Absicht und Motivation), die entscheidet, ob eine Krise eskaliert oder deeskaliert.“ (Haim Ginott)
„Wenn ein Regenbogen erscheint, sehen wir viele schöne Farben – doch ist ein Regenbogen nicht etwas mit dem wir uns kleiden oder das wir als Schmuck tragen können: er erscheint einfach durch das Zusammentreffen verschiedener Bedingungen. Gedanken entstehen im Geist auf die gleiche Weise. Sie haben überhaupt keine greifbare Realität oder innewohnende Existenz. Es gibt daher keinen logischen Grund, weshalb Gedanken so viel Macht über uns haben sollten, noch einen Grund, warum wir von ihnen versklavt werden sollten…
Sobald wir erkennen, dass die Gedanken leer sind, wird der Geist nicht mehr die Macht haben, uns zu täuschen. Aber solange wir unsere täuschenden Gedanken als wirklich betrachten, werden sie uns weiterhin gnadenlos quälen, wie sie es während unzähliger vergangener Leben getan haben“. (Dilgo Khyentse Rinpoche)
Ein klares Verständnis von anicca, dukkha und anattta ist Grundbedingung für das Verständnis der gesamten Buddha-Lehre. Der Buddha hat genau diese Merkmale allen Lebens in seiner Erfahrung des Erwachens in einer solchen Tiefe gesehen, dass er wusste: Befreiung aus dem Leiden ist möglich! Gemäss seiner Einsicht sind alle Phänomene des Universums prozesshaft und es existiert letztlich nichts Dauerhaftes, Unveränderliches.
Die drei Merkmale sind allgemein gültig und unausweichlich.
Jede „Wahrheit“, die nicht mit allen drei Dharma-Siegeln in Übereinstimmung steht,
kann nicht wahr sein.
Anicca
Es gibt kein Ding und kein Wesen, das in einem unveränderlichen Zustand verharrt: „Was auch immer dem Entstehen unterworfen ist, ist auch dem Vergehen unterworfen.“ Lebewesen erfahren Schmerz, Trauer, Unbefriedigtsein, Krankheit, Alter und Tod. Sterne werden geboren, verweilen und sterben. Gedanken werden geboren, verweilen und sterben.
“Die Vergänglichkeit ist ein Prinzip der Harmonie. Wenn wir uns nicht gegen sie auflehnen,
sind wir in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit.“ (Pema Chödrön)
Dukkha
Die Illusion von „Beständigkeit“ und das Anhaften daran erzeugt Leiden. Der Pali-Begriff dukkha wird verwendet für ein “Wagenrad, das in seiner ungefetteten Nabe unrund oder quietschend läuft“. Dies Erfahrung machen wir sehr oft: Die Dinge laufen oft einfach „nicht rund“ für uns.
“In Wirklichkeit ist dieses Menschensein nichts Besonderes. Es gibt einfach die universellen Merkmale: Geburt am Anfang, Wandel in der Mitte und Vergehen am Ende. Das ist schon alles. Wenn wir sehen, dass es sich mit allen Dingen so verhält, dann entstehen keine Probleme. Wenn wir das zutiefst verstehen, dann haben wir Frieden und Zufriedenheit.“ (Ajahn Chah)
Anatta
Lebende Wesen haben kein inhärentes Selbst: Weder innerhalb noch ausserhalb der körperlichen und mentalen“ Daseinserscheinungen gibt es irgend etwas, das man als eigenständige, unabhängige Substanz, Ich-Wesenheit oder Persönlichkeit bezeichnen kann. Durch das Anhaften an einer Vorstellung einer abgeschlossenen Persönlichkeit entsteht Leiden. Die Geisteszustände sind immer wieder leidhaft, weil wir sie als „unser eigen“ ansehen. Was zusammengekommen ist, fällt früher oder später wieder auseinander.
„Vor vielen Weltzeitaltern gab es einen Buddha, der die ganze Lehre mir nur drei Worten darlegte. Was immer die Leute an Fragen hatten, konnte er mit einem oder mehreren der drei Worte beantworten. Die Worte waren: anicca, dukkha, anatta.“ (S.N. Goenka)
Rechte Anschauung bedeutet in erster Linie eine tiefe Einsicht in die Vier Edlen Wahrheiten…Dem Buddha zufolge sind Vertrauen und Zuversicht die Grundlage dafür. Wir vertrauen darauf, dass es Menschen gibt, denen es gelungen ist, ihr Leiden zu verwandeln…“Shariputra beschrieb Rechte Anschauung als die Fähigkeit, unterscheiden zu können zwischen heilsamen Wurzeln und unheilsamen Wurzeln in den Tiefen des Bewusstseins“…(Thich Nhat Hanh)
Rechte Ansichten sind diejenigen, die uns von der Verblendung wegführen.
„Verwandle dich in den Tiefen deines Geists auf die Reinheit des Dharma. Schon bald wirst du seine unvergleichlichen Früchte ernten.“ (Nirvana Sutra)
2 Rechtes Denken
Rechte Gedanken sind unbeeinflusst von den drei Geistesgiften Gier, Zorn und Verblendung…
„Wie sollen wir die Neigungen unseres Geistes läutern? Betrachte durch gründliche Selbstbeobachtung die Tatsache, dass die Quelle von allem Guten und allem Schlechten nicht mehr und nicht weniger als der Geist selbst ist. Ein einziger verrückter Gedanke kann eine Fülle von schlechten Folgen erzegen, während ein einziger guter Gedanke, eine Fülle von guten Dingen hervorbringen kann“. (Yung Chia Hsuan Chueh)
3 Rechte Rede
Sage die Wahrheit, zeige in deiner Sprache Mitgefühl, sei ermutigend, sei hilfreich.
„Menschen, die weise sind, drücken sich alle in korrekten, weichen, harmonischen und ehrlichen Worten aus…“ (Yung Chia Hsuan Chueh)
4 Rechtes Handeln
Rechte Handlung meint alle Dinge, die wir mit unserem Körper tun. Dazu gehören richtige Ess- und Schlafgewohnheiten, richtiges Ruhen und Bewegen, Arbeitsgewohnheiten…Es bedeutet, unseren Körper zu nutzen um die richtigen Schlüsse, wie wir aus rechten Gedanken und rechten Ansichten gezogen haben, in die Tat umzusetzen und auszudrücken.
5 Rechter Lebenserwerb
Rechter Lebenserwerb bedeutet, nichts zu tun, was gegen die sittlichen Regeln des Buddhismus verstösst…Unser Lebenserwerb sollte niemandem schaden und niemanden dazu ermutigen, einem anderen zu schaden.
6 Rechte Anstrengung
Rechte Anstrengung bedeutet, sich aktiv zum Besseren zu verändern und weiser, ruhiger und moralisch korrekter zu werden.
„Ich wache auf und lächle. Vierundzwanzig nagelneue Stunden liegen vor mir. Ich will jeden Augenblick des Tages vollkommen bewusst leben und alle Menschen mit Güte und Mitgefühl betrachten“.(Thich Nhat Hanh).
7 Rechte Achtsamkeit
Rechte Achtsamkeit lehrt uns, in dem Bewusstsein zu verweilen, dass die Dinge genau so sind, wie sie sein sollen, und dass alles, was wir je tun können, darin besteht, ein bisschen mehr Freundlichkeit in diese Welt zu bringen.
„Dem Glücklichen sammelt sich der Geist.“ (Buddha)
„Allein schon durch das gleichmässige Zusammenspiel dieser drei Qualitäten – Achtsamkeit, Interesse und Energie – stellt sich unweigerlich subtile Freude ein.“ (Marcel Geisser)
„Denke darüber nach, dass sowohl die Natur als auch die Erscheinung des Körpers leer sind.“ (Grosses Nirwana Sutra)
„Denke darüber nach, dass Gefühle weder im Körper verweilen noch ausserhalb des Körpers, noch dazwischen.“ (Grosses Nirwanasutra)
„Alle bedingten Dharmas sind wie Träume, wie Illusionen, wie Schatten, wie Tau, wie Blitze, und sie alle sollten auf diese Art gesehen werden.“ (Diamantsutra)
„Es ist so, wie einen Spiegel abzustauben: Wenn der Staub entfernt ist, erscheint Klarheit.“(Sutra der vollkommenen Erleuchtung)
8 Rechte Sammlung
Die Ruhe und der Frieden, die man in der Meditation findet, sind die Grundlagen buddhistischer Weisheit…Jegliche Meditation gründet auf Konzentration…Wenn wir anfangen, in geistigen Zuständen jenseits von Sprache die Weite der Wahrheiten des Buddhismus zu entdecken, dann sind wir in rechter Sammlung.
„Der Wind pfeift im Bambus, und der Bambus tanzt. Wenn der Wind aufhört, wird der Bambus still. Ein silberner Vogel fliegt über den herbstlichen See. Ist er verschwunden, so versucht die Oberfläche des Sees nicht, das Bild des Vogels festzuhalten.“ (Huong Hai)
„In der Welt leben ohne sich von ihr ablenken zu lassen, frei von Sorgen und im Frieen weilend – das ist das grösste Glück.“(Mahmangala-Sutta)
„Erlebe jeden Augenblick deines Lebens ganz tief, und während du gehst, isst, trinkst und den Morgenstern betrachtest, berührst du die letzte Dimension“ (Thich Nhat Hanh)
Das Leben ist vergänglich, alles in diesem Universum ist in ständiger Wandlung begriffen. Nichts bleibt, wie es ist, dauernd ist alles in Bewegung. Das ist das, worauf wir wirklich vertrauen können. An der Vergänglichkeit kann man zerbrechen oder Sicherheit gewinnen. Sicherheit in der Unsicherheit? Ist dies nicht paradox? Nein, den wir leiden, weil wir die Vergänglichkeit, das Fliessen der Zeit und die Veränderungen der Gegebenheiten nicht akzeptieren können. Wir leiden weil wir älter werden, weil sich die Dinge, die wir lieben, von uns weg bewegen oder weil neue Dinge in unser Leben treten, die wir nicht in unserem Leben haben möchten, vor denen wir uns vielleicht sogar fürchten. Wir versuchen, alles so sicher wie möglich zu gestalten, uns vor der Vergänglichkeit, vor der Unbeständigkeit der Dinge zu schützen.
Ganze Industriezweige nutzen die Angst der Menschen vor der Vergänglichkeit. Antiaging ist ein boomender Markt, Nahrungsergänzungsmittel, Fitness, Lifting, Kosmetik, Versicherungen und so vieles mehr, was das vergehen der Zeit verzögern, verhindern oder die Folgen absichern soll. Der Tod rückt Sekunde für Sekunde näher – seit unserer Geburt. Er gehört zum Leben dazu, ja er macht es sogar vollständig, wirkt wie ein Scharfzeichner in einem Bild, das vorher unscharf war. Doch statt uns dessen bewusst zu sein, klammern wir diesen entscheidenden Faktor unseres Lebens lieber aus. Wir wissen nicht wann wir sterben. Da sich das Leben dauern wandelt, Sekunde für Sekunde, können wir in der nächsten Sekunde schon Tod sein. Wer weiss das schon. Doch in der Regel leben wir so, als hätten wir noch ganz viel Zeit, als würde es immer ein Morgen geben.
Wir surfen im Internet, zappen uns durch verblödende Fernsehsendungen, lassen uns in den Pausen mit Werbung berieseln und warten – worauf warten wir eigentlich? Währenddessen verrinnt Sekunde um Sekunde unser Leben. Dauernd verschieben wir Dinge in die Zukunft. Wenn ich erst…. dann kann ich ja…. aber das ist ein grosser Irrtum, wie manche, die vorzeitig am unverhofften Ende ihres Lebens anlangten, feststellen mussten.
Auch wenn jede Sekunde unsere letzte sein könnte, heisst das nicht, dass wir in Panik verfallen müssen. Es war noch nie anders. Seit unserer Geburt leben wir mit dieser Möglichkeit. Vielleicht nicht besonders bewusst. Vergänglichkeit ist ein besonderer Aspekt in der Praxis der Achtsamkeit, denn sie ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens. Es wäre fatal, davor die Augen zu verschliessen.
Wenn die Vergänglichkeit mehr in unser Bewusstsein rückt, kann uns das in Angst und Schrecken versetzen, es kann aber auch unser Leben reicher machen. Es kann eine Art Kontrastmittel sein, das Farben, Gerüche und Erlebnisse klarer werden lässt. Wie würden Sie ihr Leben leben, wenn sie bewusst davon ausgehen, dass jeder Moment ihr letzter Moment sein könnte? Was würden sie anders machen? Vielleicht versöhnen sie sich schneller nach einem Streit, weil ihnen klar, dass Zeiten des Streits Zeitverschwendung sind. Vielleicht sagen sie Menschen, die sie wirklich lieben, viel öfters und aus ganzem Herzen, wie sehr sie sie lieben. Vielleicht beginnen sie, die Dinge, die sie schon immer mal tun wollten, auch wirklich zu tun und nicht immer nur zu verschieben. Vielleicht beginnen endlich wirklich zu leben.
2 Wir erfahren es immer dann, wenn unsere Wirklichkeit nicht mit unseren Erwartungen übereinstimmt und wir an der Identifikation mit dem Ego, dem Selbstkonzept, festhalten. Wir leiden also, weil wir über die Natur der Dinge falsche Vorstellungen haben und glauben, dass es im Universum Dinge gibt, die fest und unvergänglich sind. Wir erhoffen uns von diesen Dingen bleibende Befriedigung und sind der Illusion verfallen, dass wir ein inhärentes und beständiges Selbst haben. Doch die Erfahrung zeigt laufend, dass alles unbeständig ist, sich in stetiger Veränderung befindet – auch unser Körper und Geist.
3 Genau darin liegt auch die Befreiung: Wenn diese falsche Sichtweise durchschaut wird und erlischt, erlöschen auch damit die Leid schaffenden Kräfte Gier, Aversion und Verblendung. Und damit wird Befreiung, Freiheit möglich.
4 Um zu dieser Freiheit zu gelangen, gibt es einen Weg, eine Praxis – den Achtfachen Pfad, der uns dahin führt, die falsche Sichtweise zu überwinden und unsere wahre Natur zu erkennen.
Dank der Auflösung der falschen Sichtweise werden wir nicht in ein „Paradies“ ohne jegliche unangenehmen Erfahrungen katapultiert: Alter, Krankheit und Tod bleiben erlebbare Realitäten. Mehr und mehr erkennen wir jedoch, dass dies ein natürlicher Lebensprozess ist und dass es vielmehr unsere Identifikation ist, die Leiden verursacht.
Ich, ein einfacher Mönch in der Tradition des Buddha Sakyamuni, möchte in aller Demut dazu auffordern, sich in der spirituellen Übung zu bemühen. Erforscht die Natur eures Geist und bringt ihn zur Entfaltung…Versucht, eine tiefe Überzeugung zu entwickeln, dass der gegenwärtige menschliche Körper ein grosses Potential hat, dass man bei seinem Gebrauch niemals auch nur eine Minute vergeuden soll…Vervollkommnet die Methoden, die jetzt und später Glück hervorbringen werden…Macht euch mit der Meditation über Liebe und Mitgefühl und dem Eintauschen unseres Glücks gegen das Leid anderer empfindender Wesen vertraut…
…Ohne Todesbewusstsein aber wird eure Praxis lasch und wirkungslos bleiben…
Der Tod ist ein kritischer Augenblick, und es ist sinnvoll, sich gut auf ihn vorzubereiten.
Machen wir uns die Unausweichlichkeit des Todes bewusst.
Anerkennen wir, dass er untrennbar zum Leben gehört…
…Wenn die Lebenskräfte ihren Dienst einstellen, löst sich die grobe Schicht des Geistigen auf, und das feine Bewusstsein, das keinen körperlichen Träger braucht, kommt zum Vorschein. Das bietet demjenigen, der sich entsprechend vorbereitet hat, die einmalige Chance, einen Schritt in Richtung Erwachen zu tun…. Im Tod lösen sich alle gröberen Bewusstseinszustände in das Bewusstsein des Klaren Lichts auf… Wir erkennen, dass das Bewusstsein des Klaren Lichts kontinuierlich existiert und zwar seit anfangsloser Zeit, ohne einen Anfangspunkt. Dieses allersubtilste Bewusstsein wird in seinem Weiterbestand nicht durch wechselhafte Ursachen und Umstände behindert, da es nicht daraus entstanden ist… Und so hat dieses subtilste Bewusstsein weder einen Anfang noch ein Ende. Der Prozess der Wiedergeburten, das heißt der Kreislauf von Geburt, Tod, Geburt usw. geschieht auf der Basis dieses kontinuierlichen Bewusstseins…
…Glaubt ihr an Gott, dann betet im Moment des Sterbens. Sagt zu euch, dass es zwar traurig ist, am Ende des Lebens angelangt zu sein, dass es aber gottgewollt ist und es einen tieferen Grund geben muss, der sich unserem Verstehen entzieht…Für den Buddhisten ist der Tod nur ein Austausch der körperlichen Hülle: Es ist, als würde man neue Kleider anziehen, wenn die alten abgetragen sind…Das Sterben bedeutet nicht das Ende der Existenz…Das Kontinuum des Geistes dauert fort…
Im Moment des Todes kommt es darauf an, die Gedanken des groben Bewusstseins auszuschalten und in sich den Glauben an Gott oder einen anderen positiven Geisteszustand hervorzurufen. Im Idealfall hält der Sterbende seinen Geist so klar wie nur irgend möglich und vermeidet alles, was ihn trüben könnte…Seid ruhig und entspannt und vergegenwärtigt euch, dass der Tod ein natürlicher Prozess, ein Teil des Lebens ist…Wenn ihr euch gut vorbereitet habt, könnt ihr in einem Zustand des inneren Friedens sterben…
…Wenn wir sterben, müssen wir ganz alleine fortgehen und alles zurücklassen…Unser bester Freund kann uns nicht in unser nächstes Leben begleiten…Wenn wir dem Unbekannten allein gegenübertreten müssen, werden wir nur eines haben, das uns beisteht – das, worin wir uns zuvor geübt haben…
Der Buddha lehrte, dass alles Leben Bewusstsein ist. Bewusstsein existiert in jeder Körperzelle. Das ganze Nervensystem, sämtliche Muskeln – alles ist Bewusstsein. Es gibt nichts, was nicht Bewusstsein ist.
(Sokei-an).
Da die Begriffe „Bewusstsein“, „Wahrnehmen“ und „Denken“ sich in der Sache nahezu decken, fasst das Lankavatara-Sutra sie unter dem Oberbegriff „Geist“ zusammen.
(Hans Wolfgang Schumann).
Wenn unsere Gedanken zur Ruhe kommen, so zeigt sich in der Meditationspraxis, können wir einige Momente in der unbegrifflichen Erfahrung des reinen Gewahrseins verweilen. Diesem allem zugrunde liegenden, von den Schleiern der Verwirrung freien Aspekt des Bewusstseins bezeichnet man im Buddhismus als „Natur des Geistes“…Es ist das allem zugrunde liegende Erkenntnisvermögen: der Teil, der in der Wut die Wut sieht, ohne selbst Wut zu sein oder sich in diese verstricken zu lassen. Es ist einfache erwachte Präsenz, die auch in Abwesenheit von Begriffen, Vorstellungen und sonstigen Gedankengebilden wahrnehmbar bleibt.
(Matthieu Ricard).
Ein natürlicher, gesunder Geist ist frei von Haftungen, vergleichbar mit einem Spiegel. In einem Spiegel gibt es nichts, bevor ein reflektiertes Objekt auftaucht, und nichts bleibt, wenn das Objekt weg ist.
(Sodo Harada Roshi).
Die Natur des Geistes lässt sich mit dem Ozean oder dem Himmel vergleichen. Die nicht endende Bewegung der Wellen an der Meeresoberfläche verwehrt uns den Blick in die Tiefe. Wenn wir in ihn eintauchen, sind keine Wellen mehr vorhanden, nur noch die ungeheure Gelassenheit des Grundes.
(Pema Wangyal Rinpoche).
Die Quelle des Geistes ist mächtiger als alles andere im gesamten Universum. Alle Bedürfnisse, alle Ängste und alle Mängel können Trost und Vervollkommnung im Geist finden…Sobald wir lernen, unseren Geist zu kontrollieren, werden wir sehen, dass diese Welt das Potential dazu hat, unbegrenzte Schönheit und unbegrenztes Mitgefühl zu erzeugen…Alles ist im Geist enthalten, und nichts findet sich ausserhalb von ihm. Der Geist ist so weit, wie Weite sein kann…Beobachte deinen eigenen Geist. Bemerke, dass alle Gedanken aus der vollkommenen Reinheit und Leere geboren werden…Wenn ich nur das Gute um mich herum sehe, bin ich eins mit dem Buddha-Geist.
Beim Zen, verbeugen sich die Übenden zuerst respektvoll vor ihrem eigenen Kissen und dem Praktizierenden, der ihnen gegenüber oder neben ihnen sitzt. Dies ist eine schöne, runde Geste. Herz und Geist kommen in einem Gefühl der Achtung und liebevollen Sorgfalt zusammen: vor dem Kissen, vor dem Gegenüber, vor dem Nachbarn. Das heisst, bevor wir überhaupt beginnen, müssen wir Liebe und Sorgfalt für unsere gesamte innere und äussere Umwelt in uns erwecken. Wir dürfen uns dem Dojo öffnen, in dem wir üben, und allem, das in den Kreis unserer bewussten Wahrnehmung tritt. Wir dürfen uns unserem eigenen Atem liebevoll und behutsam zuwenden. Erst dann können wir beginnen.
Der Geist kann unmöglich für die Meditation bereit sein, wenn er sich mit Zweifeln, Bedauern, inneren Widersprüchen, Widerständen, Sorgen und Urteilen abplagt. Wieso auch? Er urteilt und sorgt sich auch weiterhin. Warum sollte er damit aufhören? Was wäre ein denkbarer Grund dafür? Er hat es den ganzen lieben langen Tag über getan. Warum sollte er es jetzt plötzlich nicht mehr tun? Es gibt nur einen Zugang so zu meditieren, dass die Meditation auch Sinn und Zweck hat und ausserdem funktioniert. Dazu müssen wir uns von allem Weltlichen abwenden.
Meditation transzendiert. Meditation geht hinaus über das, was ist. Deswegen könnt Ihr unmöglich meditieren, wenn der Geist in weltliche Überlegungen ein gesponnen bleibt. Im Beisein eines weltlich ausgerichteten Geistes kann die transzendierende Tätigkeit der Meditation gar nicht erst zur Entfaltung kommen. Dann machen die weltlichen Interessen immer wieder auf sich aufmerksam. Sie rufen uns und versprechen uns etwas. Sie versprechen uns irgendeine Befriedigung. Untersucht diese Versprechen sofort, wenn sie sich zeigen. Überprüft sie auf der Stelle. Haben sie Euch jemals befriedigt? Wenn nein, lasst sie unverzüglich fallen.
Was wir auch tun, jede Handlung, die wir während unseres Tagewerks ausführen, kann und muss in unsere Übung eingebracht werden. Dazu gehört Vollkommene Achtsamkeit, totale Aufmerksamkeit. Was heisst: wir sind einsgerichtet und vorurteilsfrei bei der Sache. Wir fragen uns nicht, ob das, was wir tun, auch wirklich nötig, wichtig, zu schwer, zu mühevoll, zu umständlich oder zu langwierig ist. Nichts von alledem. Nur totale Aufmerksamkeit. Wir folgen dem Geschehen und öffnen liebevoll unseren Geist in dem Wunsch, unser Bestes zu geben.
Geben wir beim sauber machen nicht unser Bestes, warum sollten wir dann beim meditieren plötzlich unser Bestes geben? Gibt es irgendeinen Grund der dafür spricht, dass diese beiden Tätigkeiten sich in irgendeiner Weise qualitativ unterscheiden müssen? Was wir auch tun, wir tun es so gut wie wir können. Putzen wir mit Liebe unser Zimmer und sind mit Liebe bei unserem Tagewerk, dann wird der Geist auch von liebevoller Zuwendung erfüllt sein, wenn wir uns zum Meditieren hinsetzen. Das ist unser Weg, unsere einzige Rettung. Anders klappt es nicht.
Der Geist trägt schwer an den Gewohnheiten vieler Jahre. Erkennt diese Gewohnheiten. Lasst sie fallen. Nehmt neue an. Versucht es
…Ich bin Teil eines Lebensstroms von spirituellen und leiblichen Vorfahren, der bereits seit Tausenden von Jahren in die Gegenwart fliesst und für weitere Tausende von Jahren in die Zukunft fliessen wird. Ich bin eins mit meinen Vorfahren, ich bin eins mit allen Menschen und allen Arten von Wesen, gleich, ob sie friedlich und furchtlos oder voller Leid und Angst sind.
In diesem Augenblick bin ich überall auf der ganzen Welt anwesend, ich bin auch in der Vergangenheit und in der Zukunft anwesend. Die Auflösung des Körpers berührt mich nicht, gerade so, wie das Herabfallen einer Pflaumenblüte nicht das Ende des Pflaumenbaums bedeutet.
Ich sehe mich als Welle auf der Oberfläche des Meeres, meine Natur ist das Wasser des Meeres. Ich erkenne mich wieder in allen anderen Wellen, und ich sehe all die anderen Wellen in mir. Das Erscheinen und Verschwinden der Form der Wellen macht dem Ozean nichts aus. Mein Dharma-Körper und mein spirituelles Leben sind nicht Geburt und Tod unterworfen.
Ich erkenne, dass ich bereits da war, bevor mein Körper sich manifestierte, und dass ich noch da sein werde, nachdem mein Körper sich aufgelöst hat…Meine Lebensspanne, wie auch die Lebensspanne eines Blattes oder eines Buddha, ist unbegrenzt.
Ich habe die Vorstellung hinter mir gelassen, dass ich ein Körper bin, der in Raum und Zeit getrennt ist von allen anderen Formen des Lebens.
Alleinsein und Schweigen erlauben uns, unsere persönliche Welt näher und intimer kennenzulernen. Sie lassen aber auch die eh schon diffuse Grenze zwischen sich und den andern, Innen- und Außenwelt, noch unergründlicher erscheinen. Mit uns allein sein ermöglicht uns, durch Praxis und tiefes Erforschen des Herzens den zutiefst heilenden Zustand des All-Eins-Seins zu erfahren. Mit uns allein sein kann uns aber auch in die Abgründe der Einsamkeit unserer Seele stoßen. Wir können uns zutiefst verbunden fühlen mit dem Leben, den Menschen und der Natur oder völlig isoliert und ausgeschlossen, wie das so oft auch in den anonymen Gemeinschaften großer Städte oder in Menschenmengen geschieht. Immer aber bietet sich in Stille und Schweigen die Gelegenheit, ja, die Herausforderung, an den Wurzeln unseres Selbstverständnisses zu forschen und befreiende Erkenntnisse zu erlangen.
So wie es in der Bhagavad Gita heißt:
“Lehre uns, dass gerade so, wie das Wunder der Sterne im Himmel sich nur bei Nacht offenbart,
sich auch das Wunder des Lebens nur in der Stille des Herzens zeigt.“
Wir sollten so praktizieren, dass wir Geist und Körper als Freunde betrachten. Selbst das Umherwandern unseres Geistes können wir mit freundlichem Interesse, sogar mit Neugier in unsere Praxis mit ein beziehen. Dabei können wir feststellen wie er sich bewegt. Der Geist produziert Wellen. Unser Atem ist eine Welle, die Empfindungen unseres Körpers sind Wellen.
Wir brauchen nicht gegen Wellen kämpfen. Wir können einfach feststellen: „Hier ist eine Welle von Erinnerungen …“; „Hier ist die Welle der Zukunftsplanung“; und dann ist es Zeit, uns wieder mit der Welle des Atems zu verbinden. Es bedarf der Freundlichkeit und des liebevollen Verständnisses, um die Kunst der Konzentration zu vertiefen.
Es ist nicht möglich, lange Zeit ganz gegenwärtig zu sein, ohne dass man wirklich sanft wird, sich im Körper nieder lässt und zur Ruhe kommt. Jede andere Art von Konzentration, die man mit Gewalt und durch Anspannung erzwungen hat, wird nur sehr kurzlebig sein. Die innere Einstellung oder der Geist, in dem wir unsere Meditation praktizieren, hilft uns vielleicht mehr als alles andere. Was wir brauchen, ist eine Haltung der Beharrlichkeit und Hingabe, verbunden mit grundlegender Freundlichkeit. Es bedarf der Bereitschaft, uns immer wieder auf das zu beziehen, was tatsächlich da ist, mit heiterem Herzen und einem Sinn für Humor.
rating: 4 of 5 stars Dies ist ein sehr gelungenes Buch über die Buddhas der Zukunft und jeder der das liest, merkt bald, dass er /sie selber mit den Buddhas der Zukunft gemeint sind. Dieses Buch ist ein idealer Begleiter auf dem Weg des Buddha. Es enthält auch sehr viel Biographisches über den Autor und seinem Weg zum Zen-Meister.Vor allem predigt Marcel Geisser keine Religion,er zeigt uns einen machbaren Buddhistischer Weg im Alltag, mit sehr viel Mitgefühl und Weisheit und sehr vielem gesunden Menschenverstand. Immer wenn ich Hilfe auf meinem Buddhistischen Weg brauche, schlage irgend wo das Buch auf und finde wieder weiter auf meinem Weg. Dieses Buch kann ich allen wärmsten Empfehlen,es ist meiner Meinung nach eines der nützlichsten Buddhistischen Bücher die ich in lezter Zeit gelesen habe.