Die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, heisst Empathie. Die spirituellen Traditionen fügen der Empathie das Mitgefühl hinzu. Bei der Empathie lasse ich mich von den Gefühlen eines anderen Menschen anstecken. Doch wenn ein trauriger Mensch mich bloss traurig stimmt, hilft das niemandem. Mitgefühl führt darüber hinaus: Ich fühle mit dem anderen, ohne mich mit ihm zu identifizieren – aber mit dem starken Wunsch, ihm oder ihr etwas Gutes zu tun.
Mitgefühl bezieht das Herz und den Verstand mit ein.
Lorenz Marti
In der formalen Meditation verwendet man bestimmte Sätze, um die Haltung, die Absicht und Motivation von Mitfreude zu entwickeln. Sie entspringt dem Wunsch, dass das Glück, der Erfolg und das Wohlergehen aller Wesen immer zunehmen, ständig wachsen, nie enden möge.
Die Sätze können folgendermassen lauten:
„Möge dein Glück immer wachsen!
Möge deine Güte sich vertiefen!
Möge dein Erfolg nie vergehen!“
„Sieht man alle Lebewesen als seine Kinder: Mit der grenzenlosen liebevollen Güte des Herzens wünscht man immer nur das Beste für sie“.
(Mahayana-Sutralamkara 13, 20.)
Fred von Allmen
Mitgefühl
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Öffnen wir anderen unser Herz…
kann das Ausmaß des Leids,
mit dem wir dann in Berührung kommen,
überwältigend sein…
Unsere Empfindungen
von Liebe und Mitgefühl
können in einen
regelrechten Schockzustand geraten.
Dann ist es hilfreich,
sich in Erinnerung zu rufen,
dass schlichte Freundlichkeit
mitunter das wirkungsvollste Heilmittel ist,
das wir für jegliches Leid anbieten können.
Dzogchen Ponlop Rinpoche (*1965)
Mystik aktuell
Ein Zen Schüler fragte seinen Meister,
„was ist Mitgefühl?“ Und wie kann ich es
von Mitleid und Barmherzigkeit unterscheiden. “
Die Antwort des Meisters war folgende:
“ Wer Mitleid oder Barmherzigkeit empfindet,
der spürt noch einen Unterschied, zwischen sich und anderen.
Bei echtem Mitgefühl, ist diese Trennung aufgehoben
und man fühlt sich Eins mit dem anderen.“
Wie kann ich das üben fragt der Schüler. “
„Das kann man nicht üben, denn dazu muss man erst die Einheit aller Dinge erkennen, “
war die Antwort des Meisters, “
doch bis dahin kannst du Barmherzigkeit üben „
von Kennet S. Leong
Mitgefühl ist die Antwort….
des Herzens auf den Schmerz.
Wir haben Anteil an der Schönheit des Lebens
und am Ozean der Tränen.
Das Leiden am Leben ist Teil unseres Herzens
sowie Teil dessen, was uns miteinander verbindet.
Es trägt eine Zärtlichkeit in sich,
ein Mitgefühl und Wohlwollen das alle Dinge umfängt
und jedes Wesen berühren kann.
von Jack Kornfield
https://www.facebook.com/pages/buddhistische-weisheitenorg/313224075475710
Das reife Herz ist nicht perfektionistisch. Es im Mitgefühl für unser Wesen verankert und versteigt sich nicht zu irgendwelchen geistigen Idealen. Eine nicht idealistisch ausgerichtete Spiritualität strebt nicht nach einer vollkommenen Welt. Sie versucht nicht, uns selbst zu vervollkommnen, unseren Körper, unsere Persönlichkeit. Sie hegt keine romantischen Vorstellungen über spirituelle Lehrer oder die Erleuchtung, sie klammert sich nicht an Illusionen, von irgendwelchen besonders reinen spirituellen Wesen da draussen. Sie bemüht sich nicht, spirituell etwas zu erreichen, sondern will nur lieben und frei sein.
Reife Spiritualität strebt nicht nach Vollkommenheit oder nach einer imaginären Reinheit. Sie wurzelt in der Fähigkeit loszulassen, das Herz für die ganze Bandbreite des Lebens zu öffnen. Ohne Vorstellungen davon, wie etwas sein müsste, kann das Herz all das Leid, all die Unvollkommenheit, denen wir begegnen, in den Pfad des Mitgefühls verwandeln.
Jack Kornfield
Ein junger Mann begab sich zu einem entlegenen Kloster und sagte zum Abt: „Ich bin vom Leben enttäuscht und möchte die Erleuchtung erlangen um von diesem Leid befreit zu sein. Aber ich habe keine Begabung, etwas lange durchzuhalten. Ich könnte niemals lange Jahre der Meditation und der Studien und der strengen Lebensführung durchmachen. Gibt es auch einen kurzen Weg für Leute wie mich?“
„Es gibt einen“, sagte der Abt, „wenn du wirklich ent-schlossen bist. Sag mir, was hast du studiert, worauf hast du dich in deinem Leben am meisten konzentriert?“
„Hm, auf nichts so richtig. Wir waren reich und ich brauchte nicht zu arbeiten. Das einzige was mich wirklich interessierte war das Schachspiel. Damit verbrachte ich die meiste Zeit.“ Der Abt dachte einen Moment nach und lies dann einen bestimmten Mönch rufen, er solle Schachbrett und Figuren bringen. Der Mönch kam mit dem Brett und der Abt stellte die Figuren auf. Dann lies er sein Schwert bringen und zeigte es den beiden. „Mönch, sagte er, du hast mir als deinem Abt Gehorsam gelobt – nun fordere ich ihn von dir. Du wirst mit diesem jungen Mann eine Partie Schach spielen. Wenn du verlierst werde ich dir mit diesem Schwert den Kopf abschlagen, doch ich verspreche, dass du im Paradies wiedergeboren wirst. Wenn du gewinnst werde ich diesem Mann den Kopf abschlagen.“ Sie sahen dem Abt ins Gesicht und verstanden dass es ihm ernst war.
Sie begannen das Spiel. Bei den Eröffnungszügen spürte der junge Mann, wie ihm der Schweiss herunter rann, er spielte um sein Leben. Das Schachbrett wurde zur ganzen Welt, er war ganz und gar darauf konzentriert . Zuerst war es schlecht um ihn bestellt und er begann zu zittern. Doch dann machte der andere einen schwachen Zug und er ergriff die Gelegenheit für einen starken Angriff. Als die Stellung seines Gegners zerbröckelte sah er ihn verstohlen an. Er sah ein Gesicht voller Aufrichtigkeit und Intelligenz, geprägt von Jahren strengen Lebens und Bemühens. Er dachte an sein eigenes wertloses Leben und ihn überkam eine Welle des Mitgefühls. Absichtlich beging er einen Fehler und dann noch einen, der seine Stellung ruinierte und ihn seiner Verteidigung beraubte.
Plötzlich beugte sich der Abt vor und stiess das Brett um. Die beiden Spieler waren verstört. „Hier gibt es keinen Gewinner und keinen Verlierer,“ sagte der Abt, „hier kann kein Kopf fallen. Nur zwei Dinge sind erforderlich“ und er wandte sich an den jungen Mann, „ völlige Konzentration und Mitgefühl. Du hast heute beides gelernt. Du warst völlig auf das Spiel konzentriert und konntest doch Mitgefühl empfinden und warst bereit dein Leben zu opfern. Bleibe einige Monate hier und verfolge die Ausbildung in diesem Geiste.“
Text aus Kornfield/Feldmann, Geschichten…, S.19
Die Entwicklung und Übung von Mitgefühl ist wesentlich für Heilung. Niemand kann ganz und heil sein, solange er oder sie alles andere als fremd betrachtet, solange eine Mauer um sich und sein Herz errichtet ist. Reflexartig wollen die meisten Menschen alles Unangenehme loswerden oder von sich fernhalten, alles Angenehme dagegen in den eigenen Herrschaftsbereich bringen. Das verstärkt jedoch die Abspaltung, die Trennung, und führt zu Leiden – gegen alle natürliche Absicht. Atishas Übung „Tonglen“ kann hier sehr heilbringend wirken – Tonglen arbeitet mit dem Atem:
Die Luft, die Sie gerade einatmen, ist die Luft, die Ihre Zimmerpflanze oder der Mensch neben ihnen in der U-Bahn eben ausgeatmet hat. Wir tauschen unseren Atem mit allen lebenden Wesen aus. Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir uns nicht vom Rest der Welt abgrenzen. Wo fängt Ihr Atem an und wo hört der Atem Ihres Nachbarn auf? Es ist ein Atem, ein Leben. Hier wird die Vernetztheit und gegenseitige Bedingtheit aller Phänomene und aller Wesen so deutlich, so klar, so praktisch. Im Beobachten des Atems stellt man fest: Es gibt keine Trennung zwischen Aussen und Innen, sondern ein Zusammenspiel, eine Harmonie. Von hier aus ist es ein kleiner Schritt zu Atisha, einem tibetischen Meister des 11.Jhdts., der schreibt: „Übe dich im Austauschen Tonglen, im Nehmen und Geben abwechselnd. Tu das indem du auf dem Atem reitest. Beginne die Übung mit dir selbst.“
Die scheinbar natürliche Verhaltensweise, alles Angenehme zu sich heranzuziehen und alles Unangenehme von sich abzuhalten, hält in Wahrheit die Idee der Trennung meiner selbst vom Rest der Welt aufrecht, ist Ausdruck der Territorialbildung des kleinen Ich, der Verblendung, und sie verursacht Gier, Hass und Leiden. Atishas Aufforderung, mit dem Ausatmen Angenehmes loszulassen und zu verströmen, ohne dabei irgendetwas zurückzuhalten, und mit dem Einatmen Unangenehmes ins Herz hereinzunehmen und ohne Rückhalt zu fühlen, bewirkt eine Kehrtwendung. In diesem Mitgefühl lösen sich alle Grenzen auf, und Weisheit scheint auf. Diese Kehrtwendung beschränkt sich nicht auf die Zeit, die man auf seinem Meditationskissen verbringt, sondern ist sehr praktisch und muss sich im Leben zeigen und erweisen. So manche gewohnte Reaktionsweise wird dann nicht mehr möglich sein. Ich erkläre dies am Beispiel des Gefühls von Hilflosigkeit, das sicher jeder kennt: Immer wieder empfinde ich zum Beispiel Hilflosigkeit, wenn mir Leiden begegnet und ich nichts tun kann, um zu lindern. Sei es der gewaltsame Tod von vielen als Geiseln genommenen Kindern einer Schule in Russland, sei es emotionales oder persönliches Leiden in meinem Umfeld.
Der erste Schritt für mich ist einerseits das Anerkennen meiner eigenen Hilflosigkeit als Faktum, und dass ich mich davor nicht drücke und gleichzeitig dieses Gefühl tief in mein Herz sinken lasse und es annehme. Als erstes muss man aufhören, vor diesem natürlich unangenehmen aber einfach höchst menschlichen Gefühl davon zu laufen. Solange wir leben, werden wir uns immer wieder hilflos fühlen.
Als zweiten Schritt nutze ich dieses Gefühl der Hilflosigkeit, um mich in Mitgefühl zu üben für alle Menschen und Wesen, die sich auch hilflos fühlen oder sich in einer Lage der Hilflosigkeit befinden. Empfinden wir selbst gerade ein Gefühl dieser Art in uns, dann ist das der ideale Zeitpunkt um Mitgefühl zu üben, Tonglen, oder „Atishas Heart“, wie Osho es nannte, zu praktizieren. Ich atme all die Hilflosigkeit, die in mir und in anderen Wesen ist, ein, und atme alles, was in mir an Mut, Strahlen, Zuversicht ist, aus. Auf diese Weise wird Hilflosigkeit (und jedes andere Gefühl) in Segen verwandelt. Das ist tiefste Alchemie.
Aus dem Vortragszyklus der Brahmaviharas mit Dagmar Jauernig
Upeksha ist der vierte Aspekt der wahrer Liebe und das ist der Gleichmut, wie das Wort aussagt hat es etwas mit Mut und Gleichheit zu tun. Wenn wir gleichmütig sind, dann machen wir keine wertenden Unterscheidungen, alles ist Gleichwertig, weder an Vorlieben noch an Abneigungen. Um dies verwirklichen zu können, ist die Entwicklung von Weisheit und einem weiten, freundlichen Herzen zentral. Dies beginnt mit Achtsamkeit diese ermöglicht uns, uns selber und allem anderen Raum zu geben und nicht alles allzu eng zu sehen.
Wärend der Medition, kam plöztlicher Lärm im Vorraum auf, ich habe da, entscheiden können, will ich reagiren oder will ich rausgehen und um Ruhe zu bitten oder vertraue ich darauf, dass der Lärm, wieder vorbei geht, bzw. entdecke ich in mir den inneren Raum, den Lärm einfach als unangenehm zu erkennen und mich nicht damit zu identifizieren. In solchen Situationen, kann ich immer wieder selber entscheiden, will ich reagieren oder nicht, vor allem in welcher Art Weise.
Wie fühlt sich Gleichmut an? Wir sind voll präsent und achtsam und die Ich-Identifikation ist nicht im Vordergrund. Wenn wir den Zustand des Gleichmutes erreichen, hören wir auf zu unterscheiden. Sind wir gleichmütig erkennen wir Freund, Feind, ich und andere als wesensgleich, ein Fremder ist gleich wichtig und Gleichwertig, wie unsere eigenen Familienmitglieder. Wir geben uns und anderen Raum, ein Gefühl von Offenheit und Wärme breitet sich in uns aus, wir freuen uns in einer stillen Weise, die nicht davon abhängt, ob Dinge so laufen, wie wir sie uns wünschen und Menschen sich so verhalten, wie wir es gerne hätten.
Gleichmut ist nicht unterscheiden
Gleichmut ist Freiheit
Gleichmut ist verstehen
Gleichmut ist eine Herzensenergie
Gleichmut ist wärme
Gleichmut ist innerer Friede
Gleichmut ist heilsam
Gleichmut ist ein selbstloser, nicht-anhaftender Geisteszustand, der nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln ist, , auch wenn die Worte ähnliches aussagen, wird das gerne missverstanden.
Ein gleichgültiger Mensch hat keine oder versagt sich eine eigene Meinung, bildet sich kein Urteil oder bewertet ungenau. Er zeigt weder positive noch negative Gefühle zu bestimmten Dingen oder Vorkommnissen. Vereinfacht ausgedrückt kann man feststellen: Der gleichgültige Mensch „bekommt nur wenig mit“ und bemerkt nur das, was ihn direkt interessiert. Alles andere „geht an ihm vorbei“
Was geschieht in uns wenn wir unseren Gleichmut verlieren? Wir denken vor allem in der Ich-Form,
in Wollen und Nicht-Wollen, wir sind nicht im Frieden, mit uns selbst. In uns wird es eng, wir bekommen ein Gefühl von eingesperrt sein, Freude und Herzensweite schwinden. Hier kann uns die Achtsamkeit helfen.
Ein Atemzug in voller Achtsamkeit
ist ein Atemzug in Frieden
von Thich Nath Hanh
Die folgende Geschicht zeigt uns was Gleichmut ist, es ist ein Mur der nicht unterscheidet, auch das eigene Leben, wird nicht höher bewrtet.
In Korea gab es zur Zeit der Bürgerkriege einen ganz besonders grausamen General, der Menschen wahllos niedermetzelte und vor dessen Truppen alle flohen. Nur ein Zen-Meister machte keine Anstalten zu fliehen, als der General mit seinen Männern das Dorf einnahm. Der General ging in das Kloster, zog vor dem Meister sein Schwert und drohte: «Weißt du nicht, wer ich bin? Ohne mit den Wimpern zu zucken kann ich dich töten.» Der Zen-Meister erwiderte sanft: «Und du, weißt du nicht wer ich bin? Ich bin ein Mann, den man töten kann, ohne daß er mit der Wimper zuckt». Da verneigte sich der General und untersagte seinen Männern, das Dorf zu plündern.
Marco Aldinger, „Was ist die ewige Wahrheit?“ „Geh weiter!“
Wenn wir unermessliche Liebe, Mitgefühl,Freude und Gleichmut praktizierten transformieren wir nach und nach Ärger, Wut, Zorn und Eigendünkel und durschauen unsere Ich-Identifikation mehr und mehr. Gleichmut ist letztlich ohne Anhaften am eigenen Wollen oder Nicht-Wollen.
Denn Gleichmut ist ganz ohne Wollen,ohne Anhaften, auch ohne Abwehr, ohne Wiederstand und ohne Erwartungen und ganz ohne Hektik.
Mit dem Gleichmut sind wir im Zyklus der 4 Brahmaviharas am Ende angelangt und zugleich wieder an Anfang. Weil im Gleichmut vereinigen wir, die Praxis der drei vorherigen Brahmaviharas, Liebe, Mitgefühl und Freude, die alle zusammen wirken als die vier Unermesslichen. Gleichmut ist auch einer der 7 Erleuchtungsfaktoren, basiert wie alle Erleuchtungsfaktoren auf der Achtsamkeit und wirkt in lebendiger Weise mit ihnen allen zusammen
Ohne Achtsamkeit und ohne Liebe,ohne Mitgefühl ohne Freude, wird es auch keinen Gleichmut geben.
Dazu habe ich eine Chinesische Weisheit gefunden, die eigentlich alles aussagt.
Solange Du dem anderen
sein anders sein nicht verzeihst,
bist Du noch weitab
vom Weg der Erkenntnis
12.11.2011 der Vortrag von Dagmar, wurde von Erwin nacherzählt
Hier noch alle Beiträge aus dem Brahmaviharazyklus
Mudita oder auch Mitfreude
Metta
Karuna