Eines Tages fragte ein Schüler seinen Meister:
„Meister, wie lange werde ich brauchen, um die Erleuchtung zu erlangen?“
Der Meister antwortete: „Das kann man nicht sagen.“
„Aber was schätzt du, wie lange ich brauchen werde?“, hakte der Schüler nach.
Angesichts der Hartnäckigkeit seines Schülers antwortete der Meister,
mehr um etwas zu sagen denn aus Überzeugung, dass er zehn Jahre brauchen werde.
Dem Schüler gefiel die Antwort ganz und gar nicht. „Zehn Jahre?
Das ist eine lange Zeit. Und wenn ich mich ausschliesslich
mit spirituellen Dingen befasse?“
„Ah“, antwortete der Meister,
„dann wirst du mindestens zwanzig Jahre brauchen.“
***
Der spirituelle Weg kennt keine festen Zeitspannen. Er hat seine eigene Zeit,
und wer die Etappen zu beschleunigen versucht, indem er Abkürzungen nimmt,
wird eine weitere Strecke gehen als der, der in seiner eigenen Geschwindigkeit
auf dem direkten Weg bleibt. Es gibt Millionen von Hindernissen, viele falsche Türen,
unendlich viele Versuchungen, und die Wahrscheinlichkeit ist sehr gross,
dass man sich verläuft. Was auch immer geschieht, sei geduldig,
schiele nicht nach Ergebnissen und widerstehe der Versuchung,
bei der ersten Schwierigkeit die Richtung zu ändern.
Jorge Bucay