Beim Zen, verbeugen sich die Übenden zuerst respektvoll vor ihrem eigenen Kissen und dem Praktizierenden, der ihnen gegenüber oder neben ihnen sitzt. Dies ist eine schöne, runde Geste. Herz und Geist kommen in einem Gefühl der Achtung und liebevollen Sorgfalt zusammen: vor dem Kissen, vor dem Gegenüber, vor dem Nachbarn. Das heisst, bevor wir überhaupt beginnen, müssen wir Liebe und Sorgfalt für unsere gesamte innere und äussere Umwelt in uns erwecken. Wir dürfen uns dem Dojo öffnen, in dem wir üben, und allem, das in den Kreis unserer bewussten Wahrnehmung tritt. Wir dürfen uns unserem eigenen Atem liebevoll und behutsam zuwenden. Erst dann können wir beginnen.
Der Geist kann unmöglich für die Meditation bereit sein, wenn er sich mit Zweifeln, Bedauern, inneren Widersprüchen, Widerständen, Sorgen und Urteilen abplagt. Wieso auch? Er urteilt und sorgt sich auch weiterhin. Warum sollte er damit aufhören? Was wäre ein denkbarer Grund dafür? Er hat es den ganzen lieben langen Tag über getan. Warum sollte er es jetzt plötzlich nicht mehr tun? Es gibt nur einen Zugang so zu meditieren, dass die Meditation auch Sinn und Zweck hat und ausserdem funktioniert. Dazu müssen wir uns von allem Weltlichen abwenden.
Meditation transzendiert. Meditation geht hinaus über das, was ist. Deswegen könnt Ihr unmöglich meditieren, wenn der Geist in weltliche Überlegungen ein gesponnen bleibt. Im Beisein eines weltlich ausgerichteten Geistes kann die transzendierende Tätigkeit der Meditation gar nicht erst zur Entfaltung kommen. Dann machen die weltlichen Interessen immer wieder auf sich aufmerksam. Sie rufen uns und versprechen uns etwas. Sie versprechen uns irgendeine Befriedigung. Untersucht diese Versprechen sofort, wenn sie sich zeigen. Überprüft sie auf der Stelle. Haben sie Euch jemals befriedigt? Wenn nein, lasst sie unverzüglich fallen.
Was wir auch tun, jede Handlung, die wir während unseres Tagewerks ausführen, kann und muss in unsere Übung eingebracht werden. Dazu gehört Vollkommene Achtsamkeit, totale Aufmerksamkeit. Was heisst: wir sind einsgerichtet und vorurteilsfrei bei der Sache. Wir fragen uns nicht, ob das, was wir tun, auch wirklich nötig, wichtig, zu schwer, zu mühevoll, zu umständlich oder zu langwierig ist. Nichts von alledem. Nur totale Aufmerksamkeit. Wir folgen dem Geschehen und öffnen liebevoll unseren Geist in dem Wunsch, unser Bestes zu geben.
Geben wir beim sauber machen nicht unser Bestes, warum sollten wir dann beim meditieren plötzlich unser Bestes geben? Gibt es irgendeinen Grund der dafür spricht, dass diese beiden Tätigkeiten sich in irgendeiner Weise qualitativ unterscheiden müssen? Was wir auch tun, wir tun es so gut wie wir können. Putzen wir mit Liebe unser Zimmer und sind mit Liebe bei unserem Tagewerk, dann wird der Geist auch von liebevoller Zuwendung erfüllt sein, wenn wir uns zum Meditieren hinsetzen. Das ist unser Weg, unsere einzige Rettung. Anders klappt es nicht.
Der Geist trägt schwer an den Gewohnheiten vieler Jahre. Erkennt diese Gewohnheiten. Lasst sie fallen. Nehmt neue an. Versucht es
Ayya Khema