„Siehst du Rahula, diesen kleinen Rest an Wasser da in der Schale?“
„Ja, Herr.“
„Ebenso gering ist der Wert der Asketen, die sich vor einer bewussten Lüge nicht scheuen.“
Diesen kleinen Rest goss der Erhabene aus der Schale aus und sprach:
„Hast du gesehen, Rahula, wie dieser kleine Rest ausgegossen wurde?“
„Ja, Herr.“
„Ebenso ausgegossen ist das Asketenleben derer, die sich vor einer bewussten Lüge nicht scheuen.“
Dann kehrte der Erhabene die Schale um und sprach:
„Hast du gesehen, Rahula, wie diese Schale umgekehrt wurde?“
„Ja, Herr.“
Ebenso umgekehrt ist das Asketenleben derer, die sich vor einer bewussten Lüge nicht scheuen.“
Dann zeigte der Erhabene das Innere der Schale und sprach:
„Siehst du, Rahula, wie diese Schale hohl und leer ist?“
„Ja, Herr.“
„Ebenso hohl und leer ist das Asketenleben derer, die sich vor einer bewussten Lüge nicht scheuen. Es ist wie mit einem Königselefanten, der für den Kampf abgerichtet ist. Wenn er mit all seinen Körperteilen seine Kampfaufgabe erfüllt, aber den Rüssel zurückhält, dann weiss der Elefantenlenker: ‚Der Elefant hängt noch am Leben.’
Wenn er aber auch den Rüssel einsetzt, dann weiss der Lenker: ‚Nun ist er bereit, sein Leben preiszugeben.’ Rahula, wer sich vor einer bewussten Lüge nicht scheut, ist nun bereit, jede böse Tat zu begehen. Darum merke dir das: ‚Nicht einmal im Scherz will ich falsch reden.’
„Nun, was meinst du Rahula, Wozu dient ein Spiegel?“
„Um sich zu betrachten, Herr.“
„Ebenso soll man sich betrachten und betrachten, bevor man Werke verrichtet, bevor man Worte spricht, bevor man Gedanken hegt.
Ob du, Rahula, ein Werk verrichten, ein Wort sprechen oder einen Gedanken hegen willst, du sollst es genau betrachten: ‚Wird wohl dieses Werk, dieses Wort, dieser Gedanke eine Last sein für mich, für den anderen, für mich und für die anderen? Dann ist es ein unheilsames Werk, ein unheilsames Wort, ein umheilsamer Gedanke; das wird Leiden hervorrufen, das wird Leiden verursachen.’ Dann musst du, Rahula, dieses Werk, dieses Wort oder diesen Gedanken meiden. Wenn du aber feststellst: ‚Es belastet mich nicht, und auch die anderen nicht^, dann magst du es tun.
Auch während du ein Werk verrichtest, ein Wort sprichst, einen Gedanken hegst, sollst du dich fragen: ‚Ist es eine Belastung für mich, oder für die anderen? Bringt es Leiden, verursacht es Leiden?’ Dann sollst du es meiden. Sonst magst du es weiter tun.“
Quellw: Mittlere Sammlung VII, 1 (BC, 144f.)
Gautama Buddha Worte lebendiger Stille Herder
Rede zu seinem Sohn Rahula