Zen ist ohne Geschmack…
ohne Geruch, ohne Farbe, ohne Form.
Es ist eine Musik ohne Töne,
gespielt auf einer Flöte ohne Löcher.
Zen geht über Denken
und Nicht-Denken hinaus.
Begrenzt man es nicht
durch enge Begriffe,
dann haben sein Geschmack,
sein Duft und seine Farbe
die Schönheit des Herbstes
und seine Form
wird der des toten Baumes gleich.“
Meiho Michel Bovay (1944-2009)
Veränderung
Über Vergänglichkeit zu kontemplieren reicht nicht aus.
Sie müssen in ihrem Leben damit arbeiten.
Machen wir mal ein Experiment:
Nehmen Sie eine Münze in die Hand,
und stellen Sie sich vor, sie sei etwas, woran Sie sehr hängen.
Halten Sie sie fest in Ihrer Faust,
und dann strecken Sie den Arm aus,
die Handfläche nach unten.
Wenn Sie jetzt Ihren Griff lösen,
verlieren Sie, was Sie umklammern.
Darum halten Sie fest.
Es gibt aber eine andere Möglichkeit:
„Sie können loslassen und dennoch behalten.“
Drehen Sie die Hand um.
Wenn Sie die Faust jetzt öffnen, bleibt die Münze auf Ihrer Handfläche liegen:
Sie lassen los und behalten trotzdem.
Es gibt also einen Weg, Vergänglichkeit zu geniessen
nämlich ohne Greifen.
Sogyal Rinpoche
Buddhistische Ansichten
Der spirituelle Pfad ist ein Pfad der Läuterung von Herz und Geist. Wir können jede Möglichkeit dazu benutzen und brauchen diesen Lernprozess nie zu unterbrechen. Jedes Mal wenn wir eine Gelegenheit, das Heilsame zu üben, genutzt haben, werden wir ein Gefühl der Erleichterung empfinden. Hassen, ablehnen, ärgern ist beschwerend und bedrückend. Es ist nicht möglich, glücklich zu sein, wenn wir uns ärgern. Glücklich zu sein, wenn wir lieben, ist ganz einfach. Leider haben wir eine falsche Auffassung vom Lieben. Wir glauben im Grunde, das es bedeutet, geliebt zu werden. Diese Idee fallen zu lassen ist schon ein Prozess der Läuterung und eine Übung im Loslassen.
Für das spirituelle Wachstum ist „loslassen“ das wichtigste Wort, das wir uns merken müssen. Je weiter wir diesen Pfad der Läuterung gehen, desto einfacher wird unser Leben. je mehr wir festhalten, desto schwieriger wird es. Wir brauchen uns nur einmal vorzustellen, wie ein Mensch versucht, unendlich viele Dinge an sich zu raffen und sie dann mit Armen und Händen zu umschlingen und festzuhalten. Andauern fällt ihm etwas herunter. Er muss sich bücken, um es aufzuheben. Dann fällt schon das nächste runter. Es wird ihm schwer und ungemütlich zumute mit all den Dingen. die er da festhält. Eines Tages sagt er dann: „Jetzt habe ich aber genug!“ – und lässt alles fallen. Was passiert dann? Ganz einfach folgendes: er braucht sich nicht mehr zu bücken und fühlt sich nicht mehr beschwert. Wir wissen leider nicht, dass es so einfach ist. Weil alle anderen um uns herum festhalten, glauben wir, wir müssten das auch tun. Sobald wir aber einmal ausprobiert haben, wie einfach es ist, loszulassen, werden wir den Segen darin erkennen. Es gibt keinen grösseren.
Eine Eigenart der westlichen Menschen ist es ununterbrochen Fragen zu stellen, und so wurde Achan Chah, ein Thailändischer Meditationslehrer, eines Tages folgende Frage vorgelegt:
„Du redest immer davon, dass man an nichts festhalten soll, dass man alles loslassen soll, aber du hast doch auch viele Dinge hier in deiner Hütte. Wie kommt das? Achan Chah antwortete mit einer Gegenfrage: „Siehst du dieses mit Wasser gefülltes Glas auf dem Tisch?“ Der Frager bejahte das. „Nun“ führte der Meister aus, „aus diesem Glas kann ich Wasser trinken, wenn ich durstig bin. Ausserdem ist es ein schönes Glas, das ich einmal geschenkt bekam. Trotzdem ist das Glas für mich schon zerbrochen“
Es ist eigentlich ganz einfach. Solange das Glas noch nicht zerbrochen ist, bleibt es nützlich und man kann sich daran erfreuen. Ganz sicher ist jedoch, dass es irgendwann zerbrechen wird, weil alles vergänglich ist. Achan Chah würde aber dem Glas nicht nachtrauern, denn für ihn war es ja bereits zerbrochen. Diese Tatsache sollten wir uns stets bewusst sein, dann fällt es uns nicht schwer, loszulassen, so dass die Angst vor dem sicheren Verlust schwindet. Haben wir gelernt, vor allen Dingen von unserer Meinung von uns selbst loszulassen gibt es keine Probleme mehr. Wenn wir bei allem was wir betrachten, daran denken, dass nichts Bestand hat, werden wir loslassen können und sind damit auf dem Wege der Läuterung. Bedauern, Hass und Gier haben keine Angriffspunkte mehr, wenn wir wissen wie anstrengend Festhalten letzten Endes ist.
Mit der Liebe ist es genau so: Solange wir einen Besitzanspruch haben, wird es Probleme geben. Betrachten wir jedoch alles so, als ob es bereits zerbrochen wäre, werden wir erkennen, dass nichts anderes wichtig ist als die Läuterung unserer Emotionen. Denn eines steht felsenfest. Alles wird zerbrechen, sich verändern, zu Ende gehen. Jeder Mensch der geboren wird, muss sterben, und jeder Geist, der an etwas Bestimmtes denkt, wird bald an etwas anderes denken.
Unsere Emotionen vernebeln unseren Geist und erst die Läuterung der Emotionen bringt Klarheit. Solange uns unsere Emotionen übermannen, sind wir nur mit ihnen beschäftigt. Wir können das mit den Wellen im Ozeans vergleichen. Solange wir inmitten der Wellen befinden, sehen wir nur Wasser das uns berührt. Erst wenn der Meeresspiegel sich geglättet hat, können wir in die Tiefe schauen und erkennen, was sich auf dem Meeresboden befindet. Erst wenn Ruhe in unser im unser Herz eingekehrt ist, kann unser Geist eine Tiefenperspektieve gewinnen.
Aus dem Buch „Die Früchte des spirituellen Lebens“ von Ayya Khema
Die Gefühlsebene ist es, die fast unser gesamtes inneres Leben beherrscht, auch wenn uns unserer Gefühle oft nicht wirklich bewusst sind. In unserer Kultur haben wir gelernt, uns zu verkrampfen und Gefühle zu unterdrücken -Gefühle zeigen – gehört sich nicht für einen Mann, und Frauen werden auch nur ganz bestimmte Gefühle zugestanden.
Wenn wir nicht lernen, über unsere Gefühle zu sprechen oder sie überhaupt wahrzunehmen, bleiben wir ein Leben lang unfrei und in uns selbst verstrickt. Für viele Meditierende ist es ein langer und mühsamer Prozess, eine bewusste Verbindung mit ihren Gefühlen aufzunehmen. Auch in der buddhistischen Psychologie gilt das Bewusstmachen der Gefühle als entscheidend für den Prozess des Erwachens. In einer Lehrrede mit dem Titel „Der Kreis des bedingten Entstehens“ erklärte der Buddha, wie menschliche Wesen sich in sich innerlich verstricken. Es ist der Bereich der Gefühle, in dem sich unsere Gefangenschaft und unsere Befreiung abspielt. Wenn angenehme Gefühle entstehen und wir sie automatisch festhalten versuchen, oder wenn unangenehme Gefühle entstehen und wir versuchen, sie zu vermeiden, setzen wir eine Kettenreaktion von Verstrickung und Leiden in Gang. Das hält den Angstkörper in Bewegung.
Wenn wir jedoch lernen, unsere Gefühle bewusst wahrzunehmen, ohne sie festzuhalten oder abzuwehren, können sie durch uns hindurchziehen wie wechselhaftes Wetter und wir haben die Freiheit, sie zu empfinden und dann ziehen zu lassen wie der Wind. Es kann eine sehr interessante Meditationsübung sein, uns ein paar Tage lang ganz speziell auf unsere Gefühle zu konzentrieren. Wir können jedes Gefühl benennen und feststellen, welches wir fürchten, in welches wir verstrickt sind, welches Geschichten produziert und wie wir sie befreien können.
„Frei“ bedeutet nicht frei von Gefühlen, sondern frei, ein jedes zu empfinden und es weiter ziehen zu lassen, ohne Furcht vor der Bewegung des Lebens. Das lässt sich auf alle problematischen Muster anwenden, mit denen wir es zu tun haben. Wir können wahrnehmen, welche Gefühle sich im Kern einer jeden Erfahrung befindet und uns ihm ganz öffnen. Damit nähern wir uns der Freiheit.
Das alles mag nach einer sehr komplizierten und anstrengenden Art von Meditation klingen, doch in der Praxis, ist es sehr einfach. Die Grundregel lautet schlicht; sitzen und alles wahrnehmen, was auftaucht. Wenn es sich um zwanghaft wiederholte Muster handelt, erweitern sie das Feld der Wahrnehmung. Dann achten sie darauf, was sie akzeptieren sollen. Solche Muster sind deshalb so aufdringlich, weil ein gewisser Widerstand da ist. Irgendeine Abwehr oder Angst oder ein Urteil halten sie fest. Diese Verkrampfung besteht aus Angst. Um sie aufzulösen müssen wir das erkennen, was da ist und unser Herz fragen; Wollen wir das ändern? Gibt es da ein Gefühl, eine Meinung oder eine Empfindung, worin das eingeschlossen ist, was wir loslassen wollen? Halten wir etwas fest? Ist da eine Angst? Wir müssen untersuchen, welcher Aspekt, dieses widerholten Musters nach Akzeptanz und Mitgefühl verlangt und uns selber fragen; „Kann ich all das, dem ich mein Herz verschlossen hatte, mit Liebe annehmen? Das bedeutet nicht, es aufzulösen – es ist nur die einfache Frage; „Was soll ich akzeptieren?“ Wir müssen uns öffnen um ihre gesamte Energie in Körper, Herz und Geist zu spüren, wie stark sie auch sein mag. Dazu gehört auch, dass wir uns unseren Reaktionen auf diese Erfahrung öffnen und die dabei entstehende Angst, Abwehr oder Verkrampfung bewusst wahrnehmen und dann das alles akzeptieren. Nur so kann es sich lösen.
Aus dem Buch von Jack Kornfield – Frag den Buddha und geh den Weg des Herzens Seite 138
Der Mensch leidet, Gefangener seiner Illusionen. Die Wurzel des Leidens ist die Illusion; Illusion wird zu Leiden. Der Mensch ist verstrickt in Gedanken, Sorgen, Ratlosigkeit, Angst, Verzweiflung. Er fühlt sich zurückgewiesen oder brennt vor heisser Liebe. Der Arme leidet, der Reiche leidet auch. Leiden hat nicht immer einen wirklich vorhandenen Anlass. Das Leiden, das der Geist erschafft, ist noch grösser. Wir müssen dieses Feuer des Geistes beobachten. Wenn wir verfolgt werden, wer legt das Feuer? Wir selbst! Die Hölle befindet sich nicht in einer anderen Welt, sie existiert in unserem eigenen Geist.
Auf den Wellen der Illusionen irrt der Mensch im Ozean des Lebens und des Todes umher, weil er zu sehr an seinem Ego haftet, an materiellen Dingen. Manchmal liebt man, manchmal hasst man, manchmal flieht man, manchmal läuft man etwas hinterher.
Wie soll man dieses Problem des Leidens lösen? Das ist die Frage, die sich Buddha Shakyamuni stellte. Die Menschen neigen dazu, das Leid vermeiden zu wollen und dem Glück nachzulaufen. Wenn man nur Glück sucht, kann man dem Leiden nicht entkommen. Schlimmer noch, man wird unfähig sein, Glück zu erleben, denn man wird immer voll Angst sein, es zu verlieren.
Es gibt keinen Ort, an dem man fliehen könnte vor Veränderung, Alter und Tod. Der Buddha-Zustand widersetzt sich nicht, lehnt nicht ab, fasst nach nichts. Kämpfen gegen Unvermeidbares zieht Leiden nach sich: Zazen gibt die Kraft, dies zu akzeptieren.
Daigu Ryokan sagte:
„Wenn du dem Unheil begegnest,
ist es gut dem Unheil zu begegnen.
Wenn du sterben musst,
ist es gut, zu sterben.
Das ist die wunderbare Art,
dem Unheil zu entkommen.“