In einer ersten Übung wollen wir den Atem beobachten. Versuche nicht, den Atem zu verändern oder zu beeinflussen – es stellt nur das Objekt für deine Aufmerksamkeit dar. Die Art der „Aufmerksamkeit“ ist wichtig. Ich benutz das Wort Aufmerksamkeit absichtlich anstelle von Konzentration, denn es geht hier nicht um Konzentration. Diese Begriff beinhaltet etwas Striktes und Ausschliessliches. Wenn man sich auf etwas konzentriert, dann lenkt man seinen Geist bewusst einzig und allein auf eine Sache und vernachlässigt alles andere, was rundherum vielleicht vor sich geht. Diese Vorgehensweise ist nach einiger Zeit ermüdend und kann ohne beträchtliche Übung nicht aufrecht erhalten werden. Aufmerksamkeit dagegen ist leichter und offener. Wenn man auf etwas achtet, dann hegt man ein gewisses Interesse dafür.. Aber man strengt sich nicht an wenn man nur an diese eine Sache denkt. Wie eine Katze, die ein Mausloch beobachtet: Die Katze ist voller Aufmerksamkeit und trotzdem übersieht sie nichts, was um sie herum vorgeht. Jemand geht vorbei und sie reagiert darauf mit einem Seitenblick oder einem zuckenden Ohr. Darum geht es bei der reinen Achtsamkeit: achte einfach auf alles was geschieht, ohne irgendeinen Eingriff. Wenn also dein Geist vom Atem abweicht so nimm das zur Kenntnis und kehre wieder zum Atem zurück. Wenn dein Knie schmerzt nimm das zur Kenntnis und kehre zum Atem zurück. Dramatisiere nichts, bewerte nichts – der Zustand der reinen Achtsamkeit kann von jedem Punkt wieder erreicht werden. Meditation heisst, sich im Moment des Geschehens des Geschehens bewusst zu sein, egal worum es sich handelt.
Gekürzt aus Rob Nairn, Mit dem Drachen fliegen, 1998 S. 78 – 81