Am 3.06.2012 haben wir reche Ansicht besprochen und dabei festgestellt, dass alle 8 Teile des 8 fachen Pfaden zusammengehören wie die Finger einer Hand, die zwar einzeln, jeder Finger für sich sind und doch eine Einheit bilden und jeder dieser Finger ist mit den anderen verbunden. Genauso ist rechtes Denken ohne rechte Ansicht nicht möglich.
Mögliche Übersetzungen für das 2. Glied des 8-fachen Pfades sind:
Rechte (= umfassende/ganzheitliche) Gesinnung, Einstellung, Ausrichtung, Absicht, Entschlossenheit. Die oft verwendete Übersetzung „rechtes Denken“ ist insofern irreführend, als es nicht um eine rein kognitive, intellektuelle Übung geht, sondern als zentrales Element auch das emotionale Empfinden mit gemeint ist. Sangharakshita übersetzt „rechte Gesinnung“ deshalb mit „rechte Emotion“. Wenn wir uns auf die Wirklichkeit, wie sie ist und wie wir sie durch „rechte Sicht“ erkennen können, ausrichten, üben wir „rechte Gesinnung“. Dabei sind Herz UND Geist beteiligt, Emotion UND Intellekt (diesen Zusammenhang drückt besonders eingängig der im Zen geläufige Ausdruck „Herz-Geist“ aus).
Dagmar erläuterte uns das Beispiel, dass es letzte Woche noch Sommer war und es heute bei uns 15 Grad kühl ist und es sich schon recht herbstlich anfühlt. Wenn wir jetzt denken: „wie schade, dass es jetzt Herbst wird, ich möchte, dass es weiterhin Sommer bleibt“ – üben wir dann „rechte Ansicht“ und „rechte Gesinnung?“. Durch „rechte Ansicht“ sind wir uns bewusst, dass sich alles verändert und es normal ist, dass es heute viel kühler war, als letzte Woche, und dass es normal ist, dass die Tage kürzer werden. „Rechte Gesinnung“ üben wir dann, wenn wir dies nicht nur intellektuell wissen, sondern auch emotional so empfinden. Und das sind ganz oft zwei verschiedene Dinge! Oft klafft zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir empfinden, eine grosse Lücke. Wenn wir „rechte Gesinnung“ praktizieren, so akzeptieren wir den Augenblick mit Herz und Verstand und wir sehen und empfinden die Dinge so, wie sie sind.
Die bekannte Meditations-Lehrerin Dipa-Ma aus Indien fragte einst Jack Kornfield eine kritische Frage, die wir auch an uns selber richten können:
Praktizierst Du wirklich? Oder denkst Du nur darüber nach?
Praktizieren wir wirklich, mit Kopf und Hand und Herz, oder ist dies alles nur Gewohnheit? Wollen wir verstehen? Wollen wir erkennen und sind wir bereit, unser Verhalten zu ändern?
Der erste Schritt zur Veränderung liegt darin, zur Kenntnis zu nehmen, was ist – also Achtsamkeit zu üben. Und uns dem, was wir feststellen, mit einer freundlichen Haltung zuzuwenden. Auch dadurch üben wir rechte Gesinnung – durch Gelassenheit und die Bereitschaft, Gewohnheiten, die uns unfrei machen, mehr und mehr loszulassen.
Was eine ganzheitliche Gesinnung ist, drückt ein Vers aus dem Dhammapada in Kürze aus:
Hör auf schlechtes zu tun!
Wende Dich dem Guten zu…
dies ist die Lehre von Buddha.
Das ist nur bei oberflächlicher Betrachtung einfach. Genau besehen ist es eine Übung, die uns lebenslang beschäftigt, wie ein alter Meister sagte: „Ein 3-jähriges Kind mag das wissen, aber selbst ein 80-Jähriger vermag es nicht zu tun“.
Wenn wir z.B. nur an uns Denken, so in etwa: „Hauptsache uns geht es gut!!“, üben wir nicht rechte Gesinnung.
Dazu passt die Geschichte von Bodidharma:
Als Bodhidharma zu Ende des 5. Jahrhunderts nach China kam, lud ihn der Kaiser Wu ein, der ein grosser Freund des Buddhismus war. Der Kaiser sagte: „Wir haben viele Klöster bauen lassen, Mönche und Nonnen ausgebildet und Schriften ins Chinesische übersetzen lassen. Welcher Verdienst liegt darin?
Bodhidharma antwortete: „Gar kein Verdienst.“
Nun war die populäre Vorstellung des Buddhismus, dass man durch das Tun guter Dinge, religiöser Dinge, Verdienste erwerben konnte. Verdienste führten ein zu immer besseren zukünftigen Leben, so dass man schliesslich aus dem Rad der Wiedergeburten befreit werden konnte. Der Kaiser war also vor den Kopf gestossen, er sagte: „Was ist dann das erste Prinzip der Heiligen Lehre?“
Bodhidharma antwortete: „Völlige Leere und nichts Heiliges“. Oder: „In völliger Leere gibt es nichts Heiliges.“
Der Kaiser fragte: „Wer ist es dann, der vor uns steht?“ (implizierend: „ Hält man dich nicht für einen heiligen Mann?“)
Und Bodhidharma sagte: „Ich weiss es nicht.“
Das Gegenteil von Selbstzentriertheit ist Grosszügigkeit und Mitgefühl (als Aspekt von Liebe). Wenn wir egoistisch handeln, werden wir kaum glücklich werden, wenn wir zu unseren Mitmenschen Grosszügig sind und mit unseren Mitmenschen mitfühlen und ihnen unvoreingenommen zuhören, so tut dies allen gut. Wir können in alltäglichen Situationen grosszügig handeln, indem wir anderen Gutes tun und uns uns selber und anderen mit einem freundlichen, offenen Herzen zuwenden. Es ist eine tiefgreifende Praxis, die Qualitäten von Grosszügigkeit und weiser Liebe in unserem Alltag zu erforschen und umzusetzen.
2.09.2012 nacherzählt so gut ich wie es noch weiss – Erwin
nachgelesen durch Dagmar und wo nötig fachlich nachgebessert
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