1 Ganz offensichtlich gibt es Leiden in der Welt.
2 Wir erfahren es immer dann, wenn unsere Wirklichkeit nicht mit unseren Erwartungen übereinstimmt und wir an der Identifikation mit dem Ego, dem Selbstkonzept, festhalten. Wir leiden also, weil wir über die Natur der Dinge falsche Vorstellungen haben und glauben, dass es im Universum Dinge gibt, die fest und unvergänglich sind. Wir erhoffen uns von diesen Dingen bleibende Befriedigung und sind der Illusion verfallen, dass wir ein inhärentes und beständiges Selbst haben. Doch die Erfahrung zeigt laufend, dass alles unbeständig ist, sich in stetiger Veränderung befindet – auch unser Körper und Geist.
3 Genau darin liegt auch die Befreiung: Wenn diese falsche Sichtweise durchschaut wird und erlischt, erlöschen auch damit die Leid schaffenden Kräfte Gier, Aversion und Verblendung. Und damit wird Befreiung, Freiheit möglich.
4 Um zu dieser Freiheit zu gelangen, gibt es einen Weg, eine Praxis – den Achtfachen Pfad, der uns dahin führt, die falsche Sichtweise zu überwinden und unsere wahre Natur zu erkennen.
Dank der Auflösung der falschen Sichtweise werden wir nicht in ein „Paradies“ ohne jegliche unangenehmen Erfahrungen katapultiert: Alter, Krankheit und Tod bleiben erlebbare Realitäten. Mehr und mehr erkennen wir jedoch, dass dies ein natürlicher Lebensprozess ist und dass es vielmehr unsere Identifikation ist, die Leiden verursacht.
Marcel Geisser
Achtfacher Pfad
Am 3.06.2012 haben wir reche Ansicht besprochen und dabei festgestellt, dass alle 8 Teile des 8 fachen Pfaden zusammengehören wie die Finger einer Hand, die zwar einzeln, jeder Finger für sich sind und doch eine Einheit bilden und jeder dieser Finger ist mit den anderen verbunden. Genauso ist rechtes Denken ohne rechte Ansicht nicht möglich.
Mögliche Übersetzungen für das 2. Glied des 8-fachen Pfades sind:
Rechte (= umfassende/ganzheitliche) Gesinnung, Einstellung, Ausrichtung, Absicht, Entschlossenheit. Die oft verwendete Übersetzung „rechtes Denken“ ist insofern irreführend, als es nicht um eine rein kognitive, intellektuelle Übung geht, sondern als zentrales Element auch das emotionale Empfinden mit gemeint ist. Sangharakshita übersetzt „rechte Gesinnung“ deshalb mit „rechte Emotion“. Wenn wir uns auf die Wirklichkeit, wie sie ist und wie wir sie durch „rechte Sicht“ erkennen können, ausrichten, üben wir „rechte Gesinnung“. Dabei sind Herz UND Geist beteiligt, Emotion UND Intellekt (diesen Zusammenhang drückt besonders eingängig der im Zen geläufige Ausdruck „Herz-Geist“ aus).
Dagmar erläuterte uns das Beispiel, dass es letzte Woche noch Sommer war und es heute bei uns 15 Grad kühl ist und es sich schon recht herbstlich anfühlt. Wenn wir jetzt denken: „wie schade, dass es jetzt Herbst wird, ich möchte, dass es weiterhin Sommer bleibt“ – üben wir dann „rechte Ansicht“ und „rechte Gesinnung?“. Durch „rechte Ansicht“ sind wir uns bewusst, dass sich alles verändert und es normal ist, dass es heute viel kühler war, als letzte Woche, und dass es normal ist, dass die Tage kürzer werden. „Rechte Gesinnung“ üben wir dann, wenn wir dies nicht nur intellektuell wissen, sondern auch emotional so empfinden. Und das sind ganz oft zwei verschiedene Dinge! Oft klafft zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir empfinden, eine grosse Lücke. Wenn wir „rechte Gesinnung“ praktizieren, so akzeptieren wir den Augenblick mit Herz und Verstand und wir sehen und empfinden die Dinge so, wie sie sind.
Die bekannte Meditations-Lehrerin Dipa-Ma aus Indien fragte einst Jack Kornfield eine kritische Frage, die wir auch an uns selber richten können:
Praktizierst Du wirklich? Oder denkst Du nur darüber nach?
Praktizieren wir wirklich, mit Kopf und Hand und Herz, oder ist dies alles nur Gewohnheit? Wollen wir verstehen? Wollen wir erkennen und sind wir bereit, unser Verhalten zu ändern?
Der erste Schritt zur Veränderung liegt darin, zur Kenntnis zu nehmen, was ist – also Achtsamkeit zu üben. Und uns dem, was wir feststellen, mit einer freundlichen Haltung zuzuwenden. Auch dadurch üben wir rechte Gesinnung – durch Gelassenheit und die Bereitschaft, Gewohnheiten, die uns unfrei machen, mehr und mehr loszulassen.
Was eine ganzheitliche Gesinnung ist, drückt ein Vers aus dem Dhammapada in Kürze aus:
Hör auf schlechtes zu tun!
Wende Dich dem Guten zu…
dies ist die Lehre von Buddha.
Das ist nur bei oberflächlicher Betrachtung einfach. Genau besehen ist es eine Übung, die uns lebenslang beschäftigt, wie ein alter Meister sagte: „Ein 3-jähriges Kind mag das wissen, aber selbst ein 80-Jähriger vermag es nicht zu tun“.
Wenn wir z.B. nur an uns Denken, so in etwa: „Hauptsache uns geht es gut!!“, üben wir nicht rechte Gesinnung.
Dazu passt die Geschichte von Bodidharma:
Als Bodhidharma zu Ende des 5. Jahrhunderts nach China kam, lud ihn der Kaiser Wu ein, der ein grosser Freund des Buddhismus war. Der Kaiser sagte: „Wir haben viele Klöster bauen lassen, Mönche und Nonnen ausgebildet und Schriften ins Chinesische übersetzen lassen. Welcher Verdienst liegt darin?
Bodhidharma antwortete: „Gar kein Verdienst.“
Nun war die populäre Vorstellung des Buddhismus, dass man durch das Tun guter Dinge, religiöser Dinge, Verdienste erwerben konnte. Verdienste führten ein zu immer besseren zukünftigen Leben, so dass man schliesslich aus dem Rad der Wiedergeburten befreit werden konnte. Der Kaiser war also vor den Kopf gestossen, er sagte: „Was ist dann das erste Prinzip der Heiligen Lehre?“
Bodhidharma antwortete: „Völlige Leere und nichts Heiliges“. Oder: „In völliger Leere gibt es nichts Heiliges.“
Der Kaiser fragte: „Wer ist es dann, der vor uns steht?“ (implizierend: „ Hält man dich nicht für einen heiligen Mann?“)
Und Bodhidharma sagte: „Ich weiss es nicht.“
Das Gegenteil von Selbstzentriertheit ist Grosszügigkeit und Mitgefühl (als Aspekt von Liebe). Wenn wir egoistisch handeln, werden wir kaum glücklich werden, wenn wir zu unseren Mitmenschen Grosszügig sind und mit unseren Mitmenschen mitfühlen und ihnen unvoreingenommen zuhören, so tut dies allen gut. Wir können in alltäglichen Situationen grosszügig handeln, indem wir anderen Gutes tun und uns uns selber und anderen mit einem freundlichen, offenen Herzen zuwenden. Es ist eine tiefgreifende Praxis, die Qualitäten von Grosszügigkeit und weiser Liebe in unserem Alltag zu erforschen und umzusetzen.
2.09.2012 nacherzählt so gut ich wie es noch weiss – Erwin
nachgelesen durch Dagmar und wo nötig fachlich nachgebessert
auch noch lesen:
rechte Ansicht oder rechte Sicht
Heute war Dagmar Jauernig vom Haus Tao, bei uns, um mit uns den 8 fachen Pfad etwas zu vertiefen.
Sie streifte zu Beginn kurz, die Geschichte von Prinz Sidharta und wie es dazu kam, dass er unter dem Bodhi-Baum die Erkenntnis der 4 edlen Wahrheiten erkannte und das sind;
es gibt Leiden, (Unwissenheit über Krankheit, geboren werden und sterben)
es gibt eine Ursache von Leiden (unser Anhaften, unsere Identifizierung mit unserem Ich )
es gibt ein Ende des Leidens ( wenn wir diesen Prozess durchschauen )
es gibt einen Weg (der 8 Fache Pfad )
Der Achtfache Pfad sei wie eine Blume, 8 Blütenblätter, jedes Blatt ist für sich alleine, doch als Blume sind sie ein ganzes. Von welcher Warte aus wir auch immer diese Blume anschauen, sehen wir diese Blume aus einem ganz anderen Blickwinkel und so sei es mit dem 8 fachen Pfad auch. Es gibt wohl 8 einzelne Teile, doch fliessen all 8 Teile in einander, es ist keine Stufenleiter, die man, Sprosse für Sprosse hochsteigen kann um zuoberst auszuruhen und die Aussicht zu geniessen. Nein, so funktioniert dieser Pfad nicht, wo immer wir stehen im Leben, können wir den 8 fachen Pfad betreten.
Alle Teile des 8 fachen Pfad beginnen mit dem Wort „sammā“ an, was so viel bedeutet, wie „recht“ im Sinne von „vollkommen,“ „ganzheitlich“, „umfassend“:
Rechte Ansicht (Samma Ditthi)
Rechtes Denken (Samma Sankappo)
Rechte Rede (Samma Vaca)
Rechte Handlung (Samma Kammanto)
Rechter Lebenserwerb (Samma Ajivo)
Rechte Anstrengung (Samma Vayamo)
Rechte Achtsamkeit (Samma Sati)
Rechte Konzentration (Samma Samadhi)
Der 8 fache Pfad ist aufgeteilt in drei Teile;
Weisheit (Panna): dazu gehören Rechte Ansicht sowie Rechtes Denken.
Ethik (Sila): dazu gehören Rechte Rede, Rechte Handlung sowie Rechter Lebenserwerb.
Sammlung (Samadhi): dazu gehören Rechte Anstrengung, Rechte Achtsamkeit sowie Rechte Konzentration.
Heute betrachteten wir
Rechte Ansicht / umfassende Sicht:
Der Pfad beginnt mit der rechten Ansicht, gefolgt vom Denken / der Gesinnung, denn vor jeder Tat, sind Gedanken und Emotionen die Ursache. Das Tun fängt nicht erst mit der Tat an, die Vorbereitungen für eine Tat finden immer im Denken und Fühlen statt, ob bewusst oder unbewusst.
Da ja alle Teile dieses Pfades, immer wieder miteinander verbunden sind, ist wichtig, dass wir uns dessen bewusst sind, wie alles in dieser Welt, dieser Pfad ist und alles Denken und alle unsere Handlungen, einen starken Einfluss auf unser Leben und das Leben unserer Mitmenschen und sogar Einfluss auf das Leben von allen Wesen dieser Erde hat.Die Erkenntnisse des Buddha, sind die Grundlage zu Rechter Ansicht (siehe oben).
Dagmar erläuterte deshalb in diesem Zusammenhang die 3 Daseinsmerkmale: Das Naturgesetz der Vergänglichkeit (anicca), die
Lehre vom Nicht-Selbst (anatta) und die Möglichkeit, Leiden (dukkha) zu durchschauen und frei zu werden (nirvana).Wikipedia 8 facher Pfad
Wie viele Missverständnisse es beim direkten Erkennen der Wirklichkeit gibt, veranschaulicht ein Gedicht von Zen Meister Daio Kokushi 1235 – 1308
Es gibt eine Wirklichkeit
die vor Himmel und Erde steht.
Sie hat keine Form, geschweige denn einen Namen.
Augen können sie nicht sehen.
Lautlos ist sie, nicht wahrnehmbar für die Ohren.
Sie Geist oder Buddha zu nennen,
entspricht nicht ihrer wahren Natur,
wie das Trugbild einer Blume wäre sie dann.
Nicht Geist oder Buddha ist sie, vollkommen ruhig
erleuchtet sie in wunderbaren Weise.
Nur dem klaren Auge ist sie wahrnehmbar.
Das Dharma ist sie, jenseits von Form und Klang.
Das Tao ist sie, und Worte haben nichts mit ihr zu tun.
In der Absicht, Blinde anzuziehen, liess Buddha seinem goldenen Munde
spielerische Worte entspringen;
seitdem sind Himmel und Erde überwuchert
mit dichtem Dornengebüsch.
O meine lieben und ehrenwerte Freunde, die ihr hier versammelt seid:
„Wenn ihr euch danach sehnt, die donnernde Stimme des Dharma
zu hören, gebt eure Worte auf, durchschaut die Gedanken als leer,
dann erwacht ihr zum namenlosen Urgrund.“
3.06.2012 nacherzählt so gut ich wie es noch weiss – Erwin