„Die höchste Wahrheit ist nicht schwierig und lässt keine Wahl zwischen zweierlei zu“ sagte Zen-Meister Seng-tsan – (7.Jh.) „Die höchste Wahrheit“ ist der Sinn unseres Lebens, der Sinn des gesamten Seins. Schwierig wird sie nur durch unsere falsche Voraussetzung, mit der wir an die Sache heran gehen Die falsche Voraussetzung ist, dass wir etwas suchen, was wir niemals finden können, wenn wir uns auch noch so anstrengen – da das was wir suchen, als unser allereigenster Besitz stets gegenwärtig ist.
Der Chinesische Zen-Meister Da-zhu (8.Jh) sagt: “ Das Schatzhaus in dir enthält alles, und es steht dir zur Verfügung. Du brauchst nicht ausserhalb zu suchen.“ Das was wir suchen, ist unsere eigen Wirklichkeit. Wir haben sie nicht verloren, sie ist immer da. Nur haben wir sie überdeckt mit den Projektionen unserer Wahnvorstellungen. Die höchste Wahrheit, die wir suchen, liegt direkt vor uns. Sie offenbart sich in allen Formen, in allen Erscheinungen, wenn wir nicht mehr in der Wahl, in der Unterscheidung zwischen Zweierlei stehen.
Alles ist die eine Wirklichkeit, sei es ein herrlicher Schmetterling, eine wunderschöne Blume, ein kraftvoller Baum oder sei es ein Hundescheisshaufen auf der Strasse, in den ich gerade hinein getreten bin. Es ist alles das Eine, den alles ist ein organisches, allumfassendes Ganzes, da alles in sich beschlossen hält. Wir können nichts herausnehmen auch kein Staubkorn.
Wir können weder etwas verschwinden lassen, noch auflösen – alles lässt sich nur umwandeln.
Wir projizieren es selber, dieses ganze Welttheater, diese ganze Traum-Welt, so wie wir sie wahrnehmen. Die Erfahrungen, z.b. von den das Tibetische Totenbuch berichtet sind Projektionen des Bewusstseins. Darum ist es sehr wichtig, dass wir zur Klarschau und zum Gewahrsein des Geistes mitten im Leben gelangen, dass wir mitten in der Aktivität, überall, wo es auch sei,im Gewahrsein des Geistes verweilen, sodass wir im Bardo alle Erscheinungen als unsere eigene Projektion erkennen. Wenn wir nur haarbreit von der Wirklichkeit getrennt bleiben, sind wir von ihr geschieden so weit wie der Himmel von der Erde. Wenn wir den Bogen anlegen und wir schissen daneben, dann haben wir das Ziel verfehlt, sei es um einen Zentimeter oder sei es um einen Meter. Da ist kein Unterschied.
Erst wenn wir das Zweierlei überschreiten, offenbart es sich. Dann werden wir uns Auge in Auge gegenüberstehen und jedes Wort ist überflüssig. Annehmen und verwerfen, richtig und falsch, gut und böse, weltlich und geistig, das alles ist, “ der Kampf zwischen Gehorchen und Widerstehen, „weltlich ist nur, wenn wir unterscheiden zwischen weltlich und geistig, den das Geistige offenbart sich nur da, wo wir nicht mehr am Geistigen festhalten. Hier offenbart sich das Geistige mitten in der Welt.
18.11.2011 Wolfgang Kopp Zen Jenseits aller Worte